Mit der Verlängerung der Sperrstunde in Frankenberg von 5 Uhr auf 3 Uhr wurde unter ein wichtiges gesellschaftliches Thema der vorläufige Schlussstrich gesetzt, noch bevor überhaupt eine zielführende Handlungsstrategie zur Lösung des Problems entstehen konnte. Die SPD Frankenberg wünscht sich zukünftig bei solchen Prozessen eine andere Vorgehensweise und will mit der Einbringung einer Resolution zur nächsten Stadtverordnetensitzung das Thema auf die kommunalpolitische Ebene heben.
Nach einer anstrengenden Arbeitswoche wird geplant, mit Freunden und Bekannten einen gemütlichen Abend in einer Kneipe zu verbringen oder zum Feiern in die Disco zu gehen. Dass die Nächte hierbei gelegentlich etwas länger werden können, stellt dabei eigentlich bislang nur für wenige ein Problem dar außer für die Frankenberger Stadtverwaltung. Diese verlängerte die sogenannte Sperrstunde.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass dort, wo Alkohol fließt gelegentlich auch Schlägereien vorkommen. Doch diese gibt es wohl ebenso lange, wie es das Gastronomiegewerbe gibt. Ob die Körperverletzungen durch die Einrichtung einer Sperrstunde verhindert werden können, darf bezweifelt werden schließlich besteht jederzeit die Möglichkeit, dass sich Personen vor Beginn der Sperrstunde prügeln. Besonders kurios wird das Ganze, da die Sperrstunde für alle Kneipen, Discos zeitgleich einsetzt und somit eine größere Menge alkoholisierter Personen auch zeitgleich aufeinandertreffen, sodass ein sprunghafter Anstieg der Anzahl an Gewaltdelikten durchaus denkbar ist.
Nach § 18 Gaststättengesetz (GastG) liegt die Gesetzgebungskompetenz bezüglich der Sperrzeiten bei den Bundesländern. Danach erscheint es unwahrscheinlich, dass in Deutschland eine einheitliche Regelung entstehen wird. Gängigerweise ist als Sperrstunde in den einzelnen Landesverordnungen die Zeit von 5 bis 6 Uhr morgens festgelegt und wird auch Putzstunde genannt. Die meisten Bundesländer übertragen die Entscheidungen über eine Festsetzung der Sperrzeit jedoch auf die jeweiligen Städte.
Die SPD-Fraktion in Frankenberg befürwortet die Einführung der Sperrstunde nicht. Eine Sperrstunde halten die Genossen hier unabhängig von der rechtlichen Zulässigkeit einer solchen Maßnahme nicht für zielführend, da die Grundprobleme nicht gelöst werden. Bei Gewalttaten, die unter Alkoholeinfluss stattfinden gilt es nicht bei der Zeit, also der Festlegung einer Sperrstunde, anzusetzen, sondern hauptsächlich bei dem übermäßigen Alkoholkonsum. Gleiches gilt für Lärmbelästigungen, welche sich meist aufgrund der unter Alkohol gelösten Stimmung der Feiernden ergeben. Mehr Aufklärung und gegenseitige Rücksichtnahme müssen hier Früchte tragen. Daniela Neuschäfer erklärt in diesem Zusammenhang: Wer das Problem im Kern anpacken will, muss auf mehr präventive Maßnahmen hinsichtlich des Alkoholkonsums, des menschlichen Miteinanders und des gegenseitigen Verständnisses setzen.
Der SPD-Fraktion ist zunächst einmal wichtig, eine Verbesserung der Situation zu erreichen. Dies sei nur möglich, wenn mit allen Parteien ein gemeinsames Gespräch stattfinden würde, indem verschiedene konstruktive Lösungsansätze diskutiert werden könnten. Die Genossen nennen als Alternativvorschläge unter anderem betriebsübergreifende Hausverbote für Wiederholungstäter, die bereits in verschiedenen Gaststätten oder in der Discothek auffällig geworden sind oder vonseiten der Gastronomen könne der Einsatz privater Sicherheitskräfte intensiviert werden. Überdies sei eine zeitweise verstärkte Polizeipräsenz von Bedeutung. Wichtig sei, mit den Gastronomen an einem Strang zu ziehen und gemeinsam die Situation im Sinne der Anlieger verbessern zu wollen. So sei erst einmal weder Gastronomen noch den Jugendlichen, jungen Erwachsenen, die ihre Freizeit in noch verbleibender Gastronomie verbringen wollen, geholfen. Dr. Hendrik Sommer folgert: Die Einführung einer Sperrstunde kann das Grundproblem des Alkoholmissbrauchs letztlich nicht lösen. Ob sich durch eine Sperrstunde Körperverletzung und die zu behandelnden Patienten insgesamt verringern oder dann Straftaten dann in einem anderen Zeitfenster vorkommen, lässt sich nur mutmaßen. Dabei ist es nicht hilfreich, die Statistik nur auf die Zeit nach der Sperrstunde anzuwenden. Maßgeblich muss sein, die Anzahl der Gewaltdelikte insgesamt signifikant zu senken.
Die Einführung der Sperrstunde halten die SPD-Genossen für überstützt. Die Sperrstunde verschärft den bereits länger anhaltenden Konflikt: Frankenberg will Familienstadt sein, ein attraktiver Standort für Unternehmen und Wohnort für hochqualifizierte Arbeitskräfte mit Perspektiven für Jugendliche. Zu diesem Stadtprofil gehört unbedingt auch ein Freizeitangebot. Dies beinhaltet auch die Freizeitgestaltung am Wochenende, z. B. in der Discothek oder Kneipe. Ohne entsprechende Freizeitangebote wird die Attraktivität weiter verringert und der Standort -Nachteil im zunehmenden Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte geschürt.
Die Genossen sind der Auffassung, dass andere Maßnahmen ergriffen werden können, um Lärmemission und Körperverletzungen zu reduzieren. Daher sollen Maßnahmen geprüft werden, die alternativ zur Sperrzeitregelung greifen können.