Hochschulpakt 2020: CDU und Grüne verpassen Chance zum Neuanfang in der Hochschulfinanzierung

Rede Landtag

„Ein Herumdoktern an Symptomen macht keinen Patienten gesund“, kommentierte die hochschulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Dr. Daniela Sommer, die Unterzeichnung des neuen Hochschulpakts für die Jahre 2021 bis 2025 am Mittwoch in Wiesbaden. „Die Wissenschaftsministerin gieße ein bisschen ,grüne Soße‘ über das Hochschulsystem und feiert sich für einen längst überfälligen und notwendigen Mittelaufwuchs. Ein großer Wurf nach zwei Jahrzehnten Unterfinanzierung sieht anders aus.“

Hessen liege mit seiner Grundfinanzierung unter dem Bundesdurchschnitt, im Ländervergleich seit Jahren nur im unteren Mittelfeld. Während Niedersachsen und Thüringen über 9.000 Euro pro Studierendem zur Verfügung stelle, seien es in Hessen um die 6.000 Euro. Diese enorme Diskrepanz dürfe man nicht weiter schönreden. Der Nachholbedarf, um Forschung und Lehre auf eine gesunde Basis zu stellen, sei immens. Deshalb sei das Verhandlungsergebnis noch lange kein Grund zum Jubilieren.

Der vereinbarte Aufwuchs um zwei Milliarden Euro komme durch das Zusammenziehen mehrerer Budgets zustande und sei noch keine Neuausrichtung, sondern eine Verschleierung von Geldflüssen, die den Hochschulen bisher getrennt und zusätzlich zur Verfügung gestanden hätten. Daraus einen Aufwuchs zu konstruieren, sei unredlich. Mehr Professuren und Unterstützung bei der Digitalisierung seien ein Muss und eine notwendige Verbesserung, um zeitgemäßes Studieren zu erreichen. Davon seien die hessischen Hochschulen in vieler Hinsicht noch meilenweit entfernt.

Die SPD teile die Ziele des Hochschulpaktes und sehe den Willen, die Bedingungen endlich zu verbessern, eine bessere Betreuungsrelation herbeizuführen und für bessere Beschäftigungsverhältnisse zu sorgen, wenn es dabei um Entfristungen gehe. „Wir sind aber skeptisch, ob hier Superlative von Seiten der Landesregierung angebracht sind. Wer jahrelang hinterher hinke und bei jedem Schritt vor, wieder zwei zurück gemacht hat, wie beispielsweise bei der Kürzung der LOEWE-Mittel, kann sich nicht, wenn es mal einen Schritt vorangeht, gleich als Messias der Hochschulen aufführen. Natürlich dürften die Hochschulen vom Land erwarten, dass es die Kofinanzierung zur Bund-Länder-Vereinbarung ,Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken‘ erfolgt. Gleichzeitig aber die nicht vorgesehene Dynamisierung zu kritisieren, zeigt, dass die Koalition immer noch nicht verstanden hat, dass sie die Hauptverantwortung für die Finanzierung der Hochschule trägt und nicht der Bund. Hochschulfinanzierung ist in erster Linie eine Landesaufgabe“, so Sommer.

„Die Begeisterung der Ministerin und des Ministerpräsidenten über das Verhandlungsergebnis spiegelt sich allerdings nicht in den Kommentaren der drei Hochschulpräsidenten wider, deren Einschätzung recht verhalten klingen. Ein ,äußerst zufrieden‘ von Seiten von Prof. Dr. Dievernich, Präsident der Frankfurt University of Applied Sciences, und ein ,Mittelaufwuchs, der mindestens die zu erwartende Tarif- und Preissteigerungsraten ausgleicht‘, wie Frau Prof. Dr. Wolff von der Goethe-Universität Frankfurt es formuliert hat, klingen nicht ganz so euphorisch, sondern geben wieder, was der Pakt tatsächlich ist: ein Kompromiss, der notwendig war, aber wenig zukunftsweisend daherkommt“, sagte Sommer abschließend.